Ich bin gerade am Vorbereiten meines Faszienmodules für die Yin Yoga Grundausbildung und dieses Thema begeistert mich immer wieder aufs Neue. Und da habe ich mir gedacht, warum nicht ein paar Fun Facts über Faszien zusammentragen für alle Yoga- und Bewegungsfans.
Ich liebe es diese Dinge auch mit in meinen Unterricht einzubauen, um mehr Bewusstsein und Wahrnehmung für die Unglaublichkeit und Einzigartigkeit unseres Körpers zu schaffen.
Also, here we go….fun fact number #1:

Was Faszien mit Eiweiß zu tuen haben
Wusstest Du, dass unsere Faszien über Viskosität verfügen und, dass wir gelartige Moleküle unsere Gewebsschichten viskos machen? Faszien bestehen nämlich nicht nur aus Fasern, sondern auch aus Zellen und Flüssigkeit.
Stell Dir dafür gern mal die Konsistenz von Eiweiss vor, ja genau die durchsichtige gelartige Masse im Ei. Genau so eine Flüssigkeit meine ich mit viskos. Unsere Synovialflüssigkeit (Gelenkflüssigkeit) beispielsweise verfügt über diese Konsistenz.
Langsame Bewegung hält diese Flüssigkeit viskos, also gelartig, wobei abrupte schnelle Bewegung oder ein Aufprall diese Flüssigkeit blitzschnell fest werden läßt.
Der Moment beim Springen, wenn wir wieder auf dem Boden aufkommen, illustriert das ganz anschaulich. In dem Moment, wo wir landen, wird unsere Synovialflüssigkeit fest und stabilisiert unsere Knochen, so dass diese nicht mehr aneinander gleiten können. Genial oder?
Oder stell Dir vor Du willst einen Ball fangen. In dem Moment, wo Du diesen Ball fängst, reagiert das fasziale Gewebe und wird hart, um den Aufprall des Balles abzufedern.
Der Faszienforscher Tom Myers erklärt das anhand von Wasser. Im allgemeinen ist Wasser weich, doch wenn wir aus einer gewissen Höhe springen und förmlich auf die Wasseroberfläche aufprallen, fühlt sich diese extrem hart an.
Was heißt das für unseren Yoga- oder Bewegungsunterricht?
Sehr viel, denn hier sind wir gefragt. Faszien wollen nicht nur gedehnt werden, Viskosität muss und sollte auch trainiert werden. Es ist ein bisschen so wie der Airbag oder die Stoßdämpfer (das Nachfedern erledigen hierbei eher die Elastiken Fasern.) eines Autos oder Fahrrads einzubauen, um strukturelle Schäden zu vermeiden.
Als Bewegung können wir leichte Schüttelübungen einbauen, Springübungen mit sanftem Abfedern auf der Ferse. (Das Abfedern o Landen auf dem Vorderfuß trainiert mehr den Aspekt der Elastizität.) Ich liebe zum Beispiel das Steigen auf die Zehenspitzen und sanfte bzw. weiche Landen auf den Fersen, mit Nachfederung (leichte Schüttelnd des Körpers). Das trainiert die Viskosität des Fasziengewebes, senkt die Energie ab Richtung Boden und erdet wieder gut. Eine gute Unterstützung bei Angst und Nervosität zum Beispiel.
Übrigens wusstest Du, dass zum Beispiel bei extremer oder chronischer Angst bzw. Angstschütteln wir das fasziale Gewebe eher in seiner Viskosität stören und es dann mehr und mehr zur Dysfunktionalität neigt?
Manuell kannst Du die Viskosität der Faszien durch Rollen des Gewebes oder Bindegesebsmassage unterstützen.
Und noch ein kleiner Tip aus dem Bereich Ernährung:
Viskosität können wir auch unterstützen durch proteinreiche Ernährung.

Wußtest Du, dass unsere plastinen Faszienfasern bei schneller extremer Bewegung reißen können?
Unser Fasziengewebe verfügt nämlich nicht nur über viskose, elastische oder reparierende Eigenschaften, sondern auch über plastine Fasern.
Anders als bei elastischen Fasern gehen diese nicht wieder in ihre ursprüngliche Ausgangsposition nach dem Dehnen zurück.
Diese Art der Fasern gleiten aneinander bei lang anhaltenden Dehnungen und erreichen eine neue Länge.
Ein Problem was sich hierbei auftritt , ist dass durch die Dehnung diese Fasern erst mal schwächer werden und, dass es einen Aufbau neuer plastiner Fasern bedarf. Diese Aufbauprozess dauert in der Regel zwischen 48-72 Stunden.
Was heisst das genau für uns als Bewegungslehrer oder Praktizierende?
Nach einer Yin Yoga Einheit sollte kein extremer aktiver Sport ausgeführt werden, da diese „schwachen“ Fasern reißen können. Also lieber die Yin Haltungen nach dem Fußball ausführen als vor dem Spiel.
Die Plastizität des Fasziengewebes können wir durch langsame passive Dehnungen unterstützen. Yin Yoga, Restorative Yoga oder Faszienyoga sind hierfür ideal.
Der Schmetterling (Baddha Konasana) in Rückenlage mit Blockunterstützung unter den Beinen ist einfach ein Genuss. Diese adressiert nicht nur die plastinen Faszienfasern sondern dehnt ganz wunderbar unseren Psoasmuskel und sein fasziales Gewebe vom Zwerchfell zum Bein und löst somit Rückenanspannung auf und vertieft zudem noch unsere Atmung.
Was ist denn Dein Favorit in den Yin Haltungen, in dem Du so richtig loslassen kannst? Teile gern mal
Und, wenn Du das Thema Faszien spannend findest, beim nächsten Mal schauen wir uns die elastischen Faszienfasern einmal genauer an und welche unglaubliche Regeneration- und Aufbaueigenschaft Faszien besitzen.

Wusstest Du, dass Faszien unser wichtigstes Sinnesorgan sind?
Unser fasziales Gewebe enthält über 250 Millionen Nervenenden. 200 Millionen enden in unserer Haut und 125 Millionen in unseren Augen.
Unsere Faszien sind ein unglaubliches Netzwerk an Reizaufnahme und Informationsübermittlung.
Unsere Faszienzellen und Nervenzellen kommunizieren durch elektromagnetische Signale mittels Matrix, Neuronen und Mineralien im Körper miteinander.
Unsere Schwarm-Zellen beispielsweise kommunizieren wie ein Myzelium (ein fadenförmiges Zellnetzwerk eines Pilzes oder Bakteriums) miteinander. In der Natur finden wir dieses phänomenale Netzwerk z.B. an den Wurzeln von Bäumen. Dieses Netzwerk läßt Bäume miteinander kommunizieren.
Auch unterscheiden sich Faszien je nach Lage oder Aufgabe in ihrer Innervation und ihrem Tonus von einander. Unser Rückenbereich beispielsweise ist der am stärksten sympathikoton innervierte Teil unseres Körpers.
Was bedeutet das aber für unseren Bewegungsunterricht und Bewegungspraxis?
Wir können beispielsweise die Propriozeption (die Wahrnehmung der Lage oder Haltung unseres Körpers im Raum und in der Bewegung) durch das Trainieren des Bewegungssinnes, Kraftsinnes oder Balancesinnes fördern.
Denn unser Fasziennetzwerk erkennt jede Lage und auch jede Bewegung unseres Körpers anhand von Muskelspannung oder Gelenkstellung.
Bewegungssinn anregen durch:
Das Aufstehen aus der Hocke ohne zu Hilfenahme der Hände
Das Vom Liegen ins Sitzen kommen – ohne zu Hilfenahme der Hände
Bewegungen ausführen mit unterschiedlichen Schwerpunkten – eine Bewegung leiten lassen vom Kopf, dann durch Ellbogen und später vom Knie – wie führe ich die Bewegung aus mit verschiedenen Schwerpunkten
Balancesinn/ Stellungssinn anregen durch:
Das Stehen auf einem Bein
Das Bewegen mit geschlossenen Augen
Oder durch das Anregen zum Nachspüren – wie nehme ich meinen Körper wahr – was nehme ich wahr, wenn ich sitze, steh oder, wenn ich mich bewege (Gewicht, Lage meiner Körperteile)
Kraftsinn anregen durch:
Das Bewegen und Balancieren von Gewichten (Kettelbell) oder unterschiedlichen Blockgrößen
Die Cobrahaltung mit unterschiedlichen Hand- und Armpositionen
Übrigens sind diese nervalen „Rezeptoren“ unseres Fasziennetzwerkes auch wertvolle Informationsübermittler unseres Autonomen Nervensystems.
Wie das genau funktioniert und wie Du diese Erkenntnis in Deinen Yogaunterricht oder Achtsamkeitsübungen miteinbauen kannst, sehen wir uns beim nächsten Mal an.

Hier kommt ein weiterer Faszien Fun Fact für Yogalehrer und Bewegungsliebhaberinnen.
Beim letzten Mal ging es ja um das Thema: Warum Faszien unser wichtigstes Sinnesorgan sind und heute schauen wir uns an, was sie mit unserem Autonomen Nervensystem (ANS) zu tun haben.
Denn wusstest Du, dass das Autonome Nervensystem (ANS) unseren Faszientonus reguliert?
Ja genau, die Rückenschmerzen und Verspannungen bei Stress kommen nicht von ungefähr. Wundschthema Rückenübungen steht übrigens ganz oben bei meinen Teilnehmerinnen.
Unsere Faszien verfügen nämlich über kontraktive (zusammenziehende) Zellen (glatte muskuläre Zellen und Myofibroblasten), die sich unter Adrenalinausschüttung (durch die sympathikotone Reaktion -„Stressreaktion“-unseres ANS) zusammenziehen.
Diese Kontraktion geschieht langsam über Tage und Wochen und verdichtet unter zu Hilfenahme von Kollagen unser Gewebe.
So führt z.B. eine chronische sympathikotone Innervierung durch anhaltenden Stress, chronischen Krankheiten oder Traumafolge zur Versteifung von Faszien.
Vierzig Prozent unseres Fasziengewebes sind übrigens sympathikoton innerviert.
Im Rückenbereich finden wir eine besonders starke Verdichtung dieser kontraktiven Zellen. Et voila wo wir beim Thema Rückenschmerz angekommen sind.
Unser Sympathikus verändert bestimmte T3 Zellen im Fasziengewebe, beeinflusst so unsere Immunfunktionen und aktiviert zudem noch Myofibroblasten im Gewebe.
Es kommt zu einer Erhöhung von Schmerzrezeptoren (Nociceptoren) und Sympathikotonen Nervenfasern im Gewebe.
Dies führt zu einer Versteifung unserer Fasziengewebes, unsere Sensorik wird beeinflusst und Schmerzen können entstehen.
Das finden wir besonders in dem Krankheitsbild der Fibromyalgie, die sich unteranderem durch wandernde anhaltende Schmerzen auszeichnet.
Wie hilft uns das in unserem Unterricht oder unserer Bewegungspraxis?
1. Bewegung ist essentiell für die Gesunderhaltung und Hydrierung unseres Fasziengewebes. Und sollte immer an die Regulation unseres ANS gekoppelt sein.
2. Bewegung sollte langsam und achtsam angeleitet und ausführt werden, um die Wahrnehmung für den eigenen Faszientonus zu fördern. Pausen machen nach aktiven Einheiten – so kann unserer ANS den gesunden Rhythmus zwischen Aktivität und Ruhe finden.
3. Einen sicheren Bewegungs- und Erfahrungsraum schaffen. Unser Körper kann sich erst entspannen, wenn sich unser Nervensystem sicher fühlt.
Dazu helfen: Hilfsmittel und Wahlmöglichkeiten anbieten. Wir unterstützen nicht nur unsere Nervensystemregulation sondern fördern in lang haltenden Asanas z.B. des Yin Yogas, die plastinen Eigenschaften unser Faszien. (s. Fun Fact 2)
4. Faszien aktivieren durch Klopfen, Schütteln, Streichen oder Faszienmassagen fördert die Durchblutung und Hydrierung dieser und beugt Unfällen vor.
Und natürlich ausreichend trinken und das Reduzieren von säureproduzierenden Lebensmitteln wie Kaffe, Fleisch, Käse oder Süßes – empfiehlt sich.
Und was das ANS mit unserem Yogaunterricht zu tun hat, schauen wir uns ab 17.11. bei unserer Yin Yoga Aufbauausbildung an. Weitere spannende Themen in der Ausbildung sind: Trauma, Self-care, Restorative Yoga und viel Praktisches aus dem Bereich Ayurveda und der TCM für Deine Yogahaltungen.
Mehr Info gibt es hier: https://diegesundheitspraxis.net/…/yin-yoga…/
Was sind denn Deine Faszienpflegetips in der Bewegung oder in Deinem Unterricht? Teile gern mal in den Kommentaren.
2 Kommentare zu „Faszien und unser Körper“